Donnerstag, 7. November 2013

Scheinheiliges Pack

Den ganzen Tag lese ich nun erboste Kommentare zum Aufreger des Tages schlechthin... St.Martin soll umbenannt werden in Sonne-Mond-und-Sterne.

Menschen regen sich darüber auf, denen ich gerne die Frage stellen möchte, wann sie denn das letzte Mal am Laternenumzug dabei waren, oder ob sie denn überhaupt wissen wer der Heilige Martin war. Aber Halt! Nach dem heutigen Tag, weiss sogar der Bildzeitungsleser um wen es da geht... ich trau mich wetten, gestern wusste er's noch nicht ;)

Witzig nur, dass der Heilige Martin, ein katholischer Bischof war.. was hat der eigentlich bei den Evangelen zu suchen? Aber egal, es wird seine Gründe haben, allein der gütige Gedanke des Teilens zählt und das ist universal zu verstehen. Ein Gedanke, der bei den meisten, die sich hier aufregen, schon gar nicht mehr vorhanden ist.

Worum geht es denn bei dieser Sache wirklich? Um den Gedanken, Religion aus Schule und Kitas rauszuhalten... und dieser Gedanke hat meine unumwundene Sympathie. Wenngleich ich es albern finde, das Fest zu belassen, aber den Namen zu ändern... das ist halbherzig und  nicht nachvollziehbar.
Schule und Kita sollten meines Erachtens nichts, aber auch gar nichts, mit Religion zu tun haben. Dazu ist das Elternhaus da. Wer religiös ist, soll das bitte privat ausleben und wer dazu nicht 100% in der Lage ist: schon in früheren Zeiten gab es die Einrichtung der Sonntagsschule.

Ich bin keine Muslima, aber ich bin nicht religiös... überhaupt gar nicht. Und ich sehe mich zwanghaft ständig mit religiösen Themen konfrontiert - und das bloss, weil meine Kinder einen Kindergarten bzw. eine Grundschule im Dorf besuchen. Es stört mich nicht wirklich, aber es wäre mir lieber, wenn dem nicht so wäre.
Ich habe mir nicht ausgesucht, dass mein Kind einen evangelischen Kindergarten besucht, es gibt keine wirkliche Alternative hier im Ort.
Und mein Grundschulkind aus dem Religionsunterricht rauszunehmen geht auch nicht wirklich, weil es kein Angebot für diese Stunden gibt.
Mein Grundschulkind hat eh schon eine gesunde Einstellung zu dieser Sache - sie ist schlicht und ergreifend davon überzeugt, dass es ohnehin keinen Gott gibt und das alles dem Reich der Märchen und Sagen zuzuordnen ist.
Mein Kindergartenkind glaubt auch noch, dass es Feen sind, die jede Nacht Knoten in ihre Haare knüpfen - weil diese sich dann morgens nicht gut frisieren lassen. Sie denkt auch, dass es Einhörner, Hexen und Elfen gibt... also auch Gott und seinen ganzen Hofstaat.
Richtig stören kann mich das ganze Religionsgedöns also nicht... höchstens abnerven.

Was mich aber richtig auf die Palme bringt, sind die Leute, die sich heute so wahnsinnig darüber aufregen. Wo bitte liegt denn Euer Problem denn genau? Dass es jetzt Sonne-Mond-und-Sterne heissen soll? Aber hallo Ihr habt doch auch kein Problem damit, dass Ausruhen und Entspannen seit einigen Jahren "chillen" heisst. Oder dass Ihr keine "seichte Unterhaltung" mehr führt, sondern "Small Talk". Und das "Hin- und Herhüpfen" zwischen Fernsehsendern heisst schon lange "zappen". Daran kann es ja nicht wirklich liegen.
Nein, ich kann Euch zwei Gründe nennen, warum Ihr angepisst seid:
1) schon wieder mal wird man wegen irgendwelcher "blöden Ausländer" bevormundet - ah da kann man schön, den unbegründeten Hass gegen auswärtig Zugegzogene ausleben, auch wenn die das gar nicht gefordert haben
und
2) Ihr seid zu faul Eure angeblich so heißgeliebten Traditionen zu pflegen. Ist doch praktisch wenn das der Kindergarten oder die Schule erledigen.
Ihr seid in der Lage Flashmobs für Zombiewalks in ganz Deutschland zu organisieren, oder tolle Gesänge in Bahnhöfen, aber zu doof um einen Laternenumzug in einer Gemeinde auf die Beine zu stellen.

Ihr wollt Traditionen pflegen? Dann kümmert Euch doch bitte privat darum, das könnt Ihr doch auch, wenn es um Biergelage geht oder andere Festivitäten, da muss dann doch auch kein Kindergarten her, der das für Eucht organisiert.

Ich muss mich ja nur hier im Ort umsehen, Traditionspflege funtkioniert nur, wenn es Freibier, Saufen und Fressen gibt. Weiss eigentlich noch irgendjemand woher das Wort "Kerwe" bzw. "Kirmes" oder "Kirtag" kommt? Aber das Fest der Kirchweihe hatte wohl immer schon den Touch des Besäufnis, auch in der Vergangenheit, aber früher wurde das wengistens noch rund um die örtliche Kirche begangen.... bei uns ist es weitab vom Schuß und hat mit krichlichen Dingen so rein gar nichts mehr zu tun.

Man muss ja nur den erwachsenen Ottonormalbürger fragen was an Weihnachten das wichtigste sei, dann wird er darauf antworten, daß es toll ist arbeitsfreie Tage geniessen zu können und die dazu gehörigen Kinder stehen dann eh nur auf die Geschenke.
Wie gut, dass es dann  noch die Schule und die Kindertagesstätte gibt, wenigstens die versuchen noch die Bedeutung der religiösen Feste zu erläutern. Schön wenn man zur Traditionspflege nichts beitragen muss.

Da stand es dann wieder im Raum, das schöne Wörtchen "Scheinheiligkeit".

Es wird langsam an der Zeit, dass man Staat und Kirche tatsächlich trennt, es ist einfach nicht mehr zeitgemäß, Menschen religiöse Themen aufzudrängen. Wer religiös leben möchte, der sollte nicht zu bequem sein, dies seinen Kindern selbst näher zu bringen.

Ich bin für staatliche Einrichtungen, die bar jeder Religion sind... Gleichheit, Brüderlichkeit und Gerechtigkeit kann man auch anders vermitteln, ohne Erzählungen aus dem Reich der Märchen und Sagen.

Regt Euch doch nicht ständig über irgendwas auf, denkt fortschrittlich und kümmert Euch selbst um Traditionen... aber dann auch richtig.

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