deswegen gibt es heute mal wieder neue Satire - gab's eh schon länger nicht mehr
Ein gemütlicher Samstagabend im Kreis
der Familie
Endlich
Wochenende und somit der Zeitpunkt der Woche, an dem keiner in die Schule oder zur
Arbeit muss – Zeit füreinander und miteinander.
Wir
entscheiden uns für einen Fernsehabend, kaufen dementsprechend vormittags schon
die wichtigen ungesunden Utensilien ein und kaum bricht der Abend an, geht es
an die Entscheidung was geguckt werden soll. Zuerst bricht ein hysterischer
verbaler Kampf zwischen den beiden Prinzessinnen aus, die sich gegenseitig
Film- und Serientitel um die Ohren hauen, welche von der jeweils anderen mit
Unmutsäusserungen quittiert werden:
„Das ist
kindischer Scheiss, das will ich nicht sehen!“
„Diesen
Langweiligen Dreck kannst Du Dir alleine anschauen!“
„Wenn wir
das gucken müssen, zieh ich aus…!“
Bevor die
Situation zu eskalieren droht, beruhigen wir die Aufgebrachten mit
Gummibärchen, die wir ihnen direkt in den Rachen stopfen – die so entstandene
sofortige Stille, die nur durch Röchelgeräusche unterbrochen wird, nutzen wir um unsere eigenen Vorschläge
vorzutragen, die einstimmig angenommen werden.
Zuerst wird
der gemütliche Sessel zurecht geschoben, den ich vor einigen Wochen ins ohnehin
überfüllte kleine Wohnzimmer platziert habe – die Idee dahinter war, dass wir
nicht so gnadenlos aufeinander hocken müssen und Mama – also ich – beim
Filmegucken weiter ihre ausladenden Handarbeiten machen kann. Ein Dreiersofa,
ein Zweiersofa und ein Sessel….
Das sollte für 4 Personen locker zu Agoraphobie
führen könnte, also die Angst vor weiten Plätzen. Der Sessel wurde kurzerhand
nach einem unwesentlichen Handgemenge und einer kleinen Platzwunde, die durch
das Gerangel entstand, von unserer Jüngsten annektiert und nur noch verlassen,
wenn die Schulpflicht und der Schlaf rufen (die Kleine hat eine Blase wie ein
fünfzigjähriger Seemann). Auf dem
Dreiersofa nimmt die ältere Tochter liegend Platz und das letzte Drittel wird
von der Katze, die wir vergessen haben einzuberechnen, in Beschlag genommen. Der weltbeste Ehemann von allen und ich
quetschen uns nun auf das Zweiersofa… ist ja egal, ich muss keine großen
Projekte am Samstag arbeiten, hab ja noch genügend Socken zum Stricken.
Nun sitzen
wir also alle erwartungsvoll vor der Glotze und der gemütliche cineastische
Abend kann beginnen. Das Intro dröhnt aus den Lautsprechern der Surround Anlage
und kaum flimmert die erste entscheidende Minute des Films über den Schirm,
schallt es aus dem Sessel: „Mamaaaaaaa kann ich Tee?“
Ich lasse
sofort die Nadeln fallen und während ich noch frage, ob noch jemand Tee möchte
– was einstimmig mit „Ihich!“ beantwortet wird, quetsche ich mich an meinem
Göttergatten vorbei in die Küche. Es lohnt sich nicht wieder hinzusetzen
während der Wasserkocher arbeitet, also räume ich in der Zwischenzeit den
Geschirrspüler aus, säubere die Herdplatte, schnipple noch etwas Obst und
Gemüse in eine Schüssel. Nachdem in allen Tassen ein Beutel im heißen Wasser
vor sich hin zieht, quetsche ich mich an meinen Göttergatten vorbei auf meinen
Platz und wundere mich über die Schauspieler auf dem Bildschirm – wusste gar
nicht, dass die bei dem Film mitwirken. Meine Familie klärt mich auf, während
meiner Abwesenheit wurde kurzerhand der ausgewählte Film für blöd und
langweilig erklärt und der Alternativfilm angeworfen.
Nun weiß ich
Bescheid und ich stricke zwei Reihen, als mir einfällt, dass die Tees
sicherlich nun fertig gezogen haben. Ich laufe zweimal hin und her, der eine
will seinen Tee schwarz ohne was drin, die andere mit Zucker, die nächste mit
Milch… fertig. Ich sitze endlich wieder und jemand drückt die Fernbedienung –
Stop – „Ich hol mir was zu knabbern“ „Ich geh aufs Klo“… die Familie zerstreut
sich in die anderen Räume, ich sitze mit meinem Strickzeug alleine auf dem Sofa
und starre die schönen Bilder des Bildschirmschoners an. Nachdem alle erledigt
haben, was zu erledigen ist, wird der Film weiter fortgesetzt – ich habe keine
Ahnung worum es geht, weil ich nur noch das Rascheln diverser Knabberpackungen
höre, aber meine Teetasse ist leer und ich quetsche mich an meinem Mann vorbei,
um mir neuen Tee zu machen – ein Blick auf den Tisch verrät mir, dass alle
anderen noch versorgt sind.
Das Wasserkochergedöns und das Ziehen nutze ich, um
einen Zigarette auf dem Balkon zu rauchen, es lohnt sich nicht in der Zeit das
Sofa aufzusuchen.
Kaum sitze
ich mit meiner zweiten Tasse in meiner mir zugewiesenen Sofaecke, schreien
mindestens zwei Menschen im Raum „Ich will auch noch Tee“, die Tassen wurden in
der Zwischenzeit wohl geleert. Strickerei weg, aufstehen, Mann vorbeiquetschen,
Küche, Wasserkocher.
Alle haben
jetzt wieder Tee, meiner ist kalt, ich sitze. Katze streckt sich, hüpft vom
Sofa und läuft Richtung Tür… nur ich bemerke das. Strickerei-
aufstehen-quetschen, ich nehme noch den mittlerweile entstandenen Müll mit raus
und während ich die Katze raus lasse kann ich die komplette übervolle Mülltüte
auch gleich in die Tonne schmeissen.
Ich sitze
wieder und drei Augenpaare gucken mich an „Mama, sollen wir dir erzählen, was
bisher geschehen ist?“ Ich bitte darum und versuche den noch laufenden Film auszufiltern,
während mir meine zwei Töchter zwei völlig verschiedene Inhalte erzählen, die
keinerlei Sinn ergeben. Ich täusche Verständnis vor damit es endlich weiter
geht und wir müssen die Stelle suchen, an der wir waren, weil während der
Zusammenfassung wohl die Handlung eine wesentliche Wende erfahren hat und sich
nun keiner mehr auskennt. Da wir online bei einem namhaften Filmanbieter Kunden
sind, bricht die Suche nach der richtigen Stelle fünfmal wegen schlechter
Internetverbindung ab. Kaum läuft der Film wieder, stellt meine Jüngste fest,
dass ihr ausgewähltes Knabberzeuchs gar nicht lecker ist, sie stellte es sich
irgendwie leckerer vor: „Mamaaaaaa, haben wir noch Popcorn?“ Wir haben und ich
quetsche mich mit dem Strickzeug in der Hand am Weltbesten vorbei und suche die
Packung. Während es in der Mikrowelle vor sich hin ploppt, könnte ich ja noch
eine Zigarette rauchen. Ich ziehe und die Zigarette miaut… ich gucke nach unten
und stelle fest, dass die Katze es sich anders überlegt hat und wieder rein möchte.
Ich hole die heisse Tüte aus der Mikrowelle, Popcorn rein in die nächste
Schüssel, die Treppe runter und die Katze rein.
Am Mann
vorbeiquetschen, sitzen… wo ist mein Strickzeug eigentlich? Aufstehen, Mann
quetschen, Strickzeug suchen, Mann quetschen, hinsetzen, drei Maschen stricken
und ich merke, dass meine Augenlider schwerer sind als der Müllbeutel, den ich
vorhin entsorgt habe. Ich erhebe mich von meinem Strickzeug, quetsche es meinem
Mann irgendwohin und schleppe mich Richtung Treppe zum Schlafzimmer, die
jungfräulich unberührte Schüssel Rohkost nehme ich gleich mit in die Küche - morgen gibt es Gemüseauflauf und Kompott.
Am Montagvormittag, wenn alle ihrer Bestimmung
nachgehen, breite ich mich auf den beiden Sofas aus und guck mir den Film in
aller Ruhe an, garantiert nur unterbrochen von zwei bis drei
Paketbringdiensten, die gar nicht meine Post abliefern, sondern die der
Nachbarn bei mir deponieren, jeder die Katze reinlassend, die jedesmal 5
Minuten später dringlichst wieder raus möchte.
Ganz
ehrlich? Fernsehen wird total überbewertet.
Eine so ehrliche Beschreibung eines Familienabends habe ich noch nie gelesen! Ist mehr als amüsant zu lesen und gibt einem das Gefühl, dass ein Fernsehabend ALLEINE manchmal auch die bessere Alternative sein kann.
AntwortenLöschenLiebe Grüße aus dem Waldviertel!