Sonntag, 19. Juni 2016

Ein gemütlicher Samstag-Abend im Kreise der Familie

Ups, lange schon nichts mehr von mir hören lassen.....
deswegen gibt es heute mal wieder neue Satire - gab's eh schon länger nicht mehr



Ein gemütlicher Samstagabend im Kreis der Familie
Endlich Wochenende und somit der Zeitpunkt der Woche, an dem keiner in die Schule oder zur Arbeit muss – Zeit füreinander und miteinander.
Wir entscheiden uns für einen Fernsehabend, kaufen dementsprechend vormittags schon die wichtigen ungesunden Utensilien ein und kaum bricht der Abend an, geht es an die Entscheidung was geguckt werden soll. Zuerst bricht ein hysterischer verbaler Kampf zwischen den beiden Prinzessinnen aus, die sich gegenseitig Film- und Serientitel um die Ohren hauen, welche von der jeweils anderen mit Unmutsäusserungen quittiert werden:
„Das ist kindischer Scheiss, das will ich nicht sehen!“
„Diesen Langweiligen Dreck kannst Du Dir alleine anschauen!“
„Wenn wir das gucken müssen,  zieh ich aus…!“

Bevor die Situation zu eskalieren droht, beruhigen wir die Aufgebrachten mit Gummibärchen, die wir ihnen direkt in den Rachen stopfen – die so entstandene sofortige Stille, die nur durch Röchelgeräusche unterbrochen wird,  nutzen wir um unsere eigenen Vorschläge vorzutragen, die einstimmig angenommen werden.
Zuerst wird der gemütliche Sessel zurecht geschoben, den ich vor einigen Wochen ins ohnehin überfüllte kleine Wohnzimmer platziert habe – die Idee dahinter war, dass wir nicht so gnadenlos aufeinander hocken müssen und Mama – also ich – beim Filmegucken weiter ihre ausladenden Handarbeiten machen kann. Ein Dreiersofa, ein Zweiersofa und ein Sessel…. 
Das sollte für 4 Personen locker zu Agoraphobie führen könnte, also die Angst vor weiten Plätzen. Der Sessel wurde kurzerhand nach einem unwesentlichen Handgemenge und einer kleinen Platzwunde, die durch das Gerangel entstand, von unserer Jüngsten annektiert und nur noch verlassen, wenn die Schulpflicht und der Schlaf rufen (die Kleine hat eine Blase wie ein fünfzigjähriger Seemann).  Auf dem Dreiersofa nimmt die ältere Tochter liegend Platz und das letzte Drittel wird von der Katze, die wir vergessen haben einzuberechnen, in Beschlag genommen.  Der weltbeste Ehemann von allen und ich quetschen uns nun auf das Zweiersofa… ist ja egal, ich muss keine großen Projekte am Samstag arbeiten, hab ja noch genügend Socken zum Stricken. 

Nun sitzen wir also alle erwartungsvoll vor der Glotze und der gemütliche cineastische Abend kann beginnen. Das Intro dröhnt aus den Lautsprechern der Surround Anlage und kaum flimmert die erste entscheidende Minute des Films über den Schirm, schallt es aus dem Sessel: „Mamaaaaaaa kann ich Tee?“
Ich lasse sofort die Nadeln fallen und während ich noch frage, ob noch jemand Tee möchte – was einstimmig mit „Ihich!“ beantwortet wird, quetsche ich mich an meinem Göttergatten vorbei in die Küche. Es lohnt sich nicht wieder hinzusetzen während der Wasserkocher arbeitet, also räume ich in der Zwischenzeit den Geschirrspüler aus, säubere die Herdplatte, schnipple noch etwas Obst und Gemüse in eine Schüssel. Nachdem in allen Tassen ein Beutel im heißen Wasser vor sich hin zieht, quetsche ich mich an meinen Göttergatten vorbei auf meinen Platz und wundere mich über die Schauspieler auf dem Bildschirm – wusste gar nicht, dass die bei dem Film mitwirken. Meine Familie klärt mich auf, während meiner Abwesenheit wurde kurzerhand der ausgewählte Film für blöd und langweilig erklärt und der Alternativfilm angeworfen. 

Nun weiß ich Bescheid und ich stricke zwei Reihen, als mir einfällt, dass die Tees sicherlich nun fertig gezogen haben. Ich laufe zweimal hin und her, der eine will seinen Tee schwarz ohne was drin, die andere mit Zucker, die nächste mit Milch… fertig. Ich sitze endlich wieder und jemand drückt die Fernbedienung – Stop – „Ich hol mir was zu knabbern“ „Ich geh aufs Klo“… die Familie zerstreut sich in die anderen Räume, ich sitze mit meinem Strickzeug alleine auf dem Sofa und starre die schönen Bilder des Bildschirmschoners an. Nachdem alle erledigt haben, was zu erledigen ist, wird der Film weiter fortgesetzt – ich habe keine Ahnung worum es geht, weil ich nur noch das Rascheln diverser Knabberpackungen höre, aber meine Teetasse ist leer und ich quetsche mich an meinem Mann vorbei, um mir neuen Tee zu machen – ein Blick auf den Tisch verrät mir, dass alle anderen noch versorgt sind. 

Das Wasserkochergedöns und das Ziehen nutze ich, um einen Zigarette auf dem Balkon zu rauchen, es lohnt sich nicht in der Zeit das Sofa aufzusuchen.
Kaum sitze ich mit meiner zweiten Tasse in meiner mir zugewiesenen Sofaecke, schreien mindestens zwei Menschen im Raum „Ich will auch noch Tee“, die Tassen wurden in der Zwischenzeit wohl geleert. Strickerei weg, aufstehen, Mann vorbeiquetschen, Küche, Wasserkocher.
Alle haben jetzt wieder Tee, meiner ist kalt, ich sitze. Katze streckt sich, hüpft vom Sofa und läuft Richtung Tür… nur ich bemerke das. Strickerei- aufstehen-quetschen, ich nehme noch den mittlerweile entstandenen Müll mit raus und während ich die Katze raus lasse kann ich die komplette übervolle Mülltüte auch gleich in die Tonne schmeissen. 

Ich sitze wieder und drei Augenpaare gucken mich an „Mama, sollen wir dir erzählen, was bisher geschehen ist?“ Ich bitte darum und versuche den noch laufenden Film auszufiltern, während mir meine zwei Töchter zwei völlig verschiedene Inhalte erzählen, die keinerlei Sinn ergeben. Ich täusche Verständnis vor damit es endlich weiter geht und wir müssen die Stelle suchen, an der wir waren, weil während der Zusammenfassung wohl die Handlung eine wesentliche Wende erfahren hat und sich nun keiner mehr auskennt. Da wir online bei einem namhaften Filmanbieter Kunden sind, bricht die Suche nach der richtigen Stelle fünfmal wegen schlechter Internetverbindung ab. Kaum läuft der Film wieder, stellt meine Jüngste fest, dass ihr ausgewähltes Knabberzeuchs gar nicht lecker ist, sie stellte es sich irgendwie leckerer vor: „Mamaaaaaa, haben wir noch Popcorn?“ Wir haben und ich quetsche mich mit dem Strickzeug in der Hand am Weltbesten vorbei und suche die Packung. Während es in der Mikrowelle vor sich hin ploppt, könnte ich ja noch eine Zigarette rauchen. Ich ziehe und die Zigarette miaut… ich gucke nach unten und stelle fest, dass die Katze es sich anders überlegt hat und wieder rein möchte. Ich hole die heisse Tüte aus der Mikrowelle, Popcorn rein in die nächste Schüssel, die Treppe runter und die Katze rein.

Am Mann vorbeiquetschen, sitzen… wo ist mein Strickzeug eigentlich? Aufstehen, Mann quetschen, Strickzeug suchen, Mann quetschen, hinsetzen, drei Maschen stricken und ich merke, dass meine Augenlider schwerer sind als der Müllbeutel, den ich vorhin entsorgt habe. Ich erhebe mich von meinem Strickzeug, quetsche es meinem Mann irgendwohin und schleppe mich Richtung Treppe zum Schlafzimmer, die jungfräulich unberührte Schüssel Rohkost nehme ich gleich mit in die Küche  - morgen gibt es Gemüseauflauf und Kompott.
 Am Montagvormittag, wenn alle ihrer Bestimmung nachgehen, breite ich mich auf den beiden Sofas aus und guck mir den Film in aller Ruhe an, garantiert nur unterbrochen von zwei bis drei Paketbringdiensten, die gar nicht meine Post abliefern, sondern die der Nachbarn bei mir deponieren, jeder die Katze reinlassend, die jedesmal 5 Minuten später dringlichst wieder raus möchte.
Ganz ehrlich? Fernsehen wird total überbewertet.

 



1 Kommentar:

  1. Eine so ehrliche Beschreibung eines Familienabends habe ich noch nie gelesen! Ist mehr als amüsant zu lesen und gibt einem das Gefühl, dass ein Fernsehabend ALLEINE manchmal auch die bessere Alternative sein kann.
    Liebe Grüße aus dem Waldviertel!

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