Montag, 16. März 2015

Plötzlich Freizeit



Es gibt solche Tage, zugegeben sie sind selten, da wird man mit einem Übermaß an freier Zeit beglückt und zwar dann, wenn beide Kinder bereits nach der Schule eine Spielverabredung außer Hauses haben. Wow! Ein unerwarteter Tag für mich allein – von 8 Uhr morgens bis 18 Uhr abends – ganze zehn Stunden. Beschwingt schmiere ich die Pausenbrötchen und male mir die Fülle der Tätigkeiten aus, die jungfräulich vor mir liegen: ich könnte mal wieder mein Tagebuch rauskramen, einen längst fälligen Brief beantworten, vielleicht beginne ich ein neues Projekt, eine Häkeldecke bestehend aus 300 Quadraten. Hach, das Leben ist schön.

Kaum ist die Horde aus dem Haus, mache ich es mir auf dem Sofa gemütlich und werfe den Computer an, lese die Neuigkeiten auf Social Media und nippe an meinem lauwarmen Kaffee (ich weiß nicht warum, aber mein Kaffee ist nie heiß, maximal lauwarm, wenn nicht sowieso eiskalt). 

Erst mal eine Runde Solitär spielen und dabei den vor mir liegenden tollen Tag planen. Die erste Runde geht völlig in die Hosen, so schlecht war ich noch nie, ein Punktestand mit einem Minus vorne dran… geht das überhaupt? Ich muss noch eine Runde zocken – Tagebuch schreiben, hmm… in mir ist so eine Schreibblockade, womit sollte ich die Seiten füllen. Ich kann ja bei einer dritten Runde Solitär darüber nachdenken.
Mein Punktestand ist jetzt etwas besser, aber noch nicht optimal, ich brauche noch einen weiteren Kaffee – auf dem Weg zur Küche fällt mein Blick auf die Uhr: 9:15. Der ganze Tag liegt noch vor mir, ich werde ihn optimal nutzen… das Schreiben lasse ich aber heute sein, hab ja nichts erlebt, und so lange liegt der Brief auch noch nicht unbeantwortet im Regal.

So mein liebes Solitär, eine Runde gebe ich uns noch, diesmal zeige ich Dir wo der Bartl den Most her holt! 

10:05 Uhr, das gibt’s ja wohl  nicht, wieso spiele ich  heute so schlecht? Ha! Das liegt an der zweiten Tasse Kaffee, die noch immer in der Küche steht und darauf wartet getrunken zu werden. Schnell hole ich mir das Kaltgetränk und spucke in die Hände: jetzt mache ich den Punkterekord des Monats aber danach mache ich es mir mit einem Haufen Wolle und Häkelnadel gemütlich und häkle ein Quadrat nach dem anderen.
Völlig desillusioniert ohne einen nennenswerten Punktestand erreicht zu haben, schließe ich mein Laptop um 11:26 Uhr und häkle mein erstes Quadrat .

11:45 Uhr – seufz, nur noch 299. Ich sollte die Decke etwas kleiner machen.
11:50 Uhr – mal gucken, ob ich eine Mail bekommen habe, ich warte zwar auf keine, aber das Leben steckt ja meist voller Überraschung.
Na was sage ich: da hat jemand für mich die optimale Lösung für mein Potenzproblem!
Eine 27jährige Irina aus Russland mochte gerne mich naher kenen lernen zu sollen und ein Mister Obwunga Bowonga aus Botswana kontaktiert mich, wegen einer Erbschaft. Hat sich doch gelohnt… ich werde nochmal gucken, ob meine Solitärfähigkeiten jetzt besser sind, bevor ich  diese netten, persönlich an mich gerichteten, Mails beantworte.

15:13 Uhr – ich habe einen Lauf, in jeder Runde steigere ich mein Ergebnis der Vorrunde …
16:02 – erneuter Tiefstand, die Karten wollen nicht ganz so, wie ich es möchte.
17:17 Uhr ich schrecke von der Tastatur hoch, meine Hand schmerzt und auf meinem Gesicht haben sich die Abdrücke des Keyboards verewigt. Oh Himmel, ich muss kochen.  

In 43 Minuten räume ich den Geschirrspüler aus, verstaue das saubere Geschirr in den Schränken, räume das schmutzige Geschirr ein, wirble mit dem Staubsauger durch die Wohnung und hole die Wäsche aus dem Trockner während das Nudelwasser kocht.

18:05 die Familie füllt die Räumlichkeit mit Leben.
„Na, Schatz, wie war dein freier Tag?“ fragt der weltbeste aller Ehemänner.  „Was heißt hier freier Tag? Ich bin zu nichts gekommen, Du glaubst auch, weil einmal die Kinder aus dem Haus sind, dass das ein Wellness Tag für mich ist, ich musste viele Dinge erledigen, die sonst meist liegen bleiben, Haushalt, kochen… freier Tag PAH!“

1 Kommentar:

  1. irgendwie war mir seitdem das böse wort solitär das erste mal fiel klar, wie es am ende ausgehen würde XD toll, hätte ich sein können (ok, minus der familie aber diese kleinen gemeinen spiele, die einem den ganzen tag rauben ^^)

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