Die liebe Post
Diese Geschichte stammt direkt aus meinem Arbeitsalltag. Passiert ist
sie irgendwann im Januar 2001, ich habe Versandpakete für unsere Kunden
hergerichtet und unser Azubi brachte sie zur Post (die größte
und wichtigste Postfiliale in Frankfurt).
Beim letzten Paket fiel mir auf, daß unsere Paketscheine (also der
Zettel auf den die Adresse und der Absender geschrieben wird) alle sind.
Und ich ersuchte unseren Azubi, daß er doch gleich einen ganzen Stapel
mitbringen solle. Er kam nach einer Weile OHNE Paketscheine retour und
erzählte:
In dieser Filiale gäbe es keinen einzigen Paketschein mehr, die
Angestellten wollten eh immer mehr bestellen, aber der Filialleiter würde
es nicht genehmigen, sie müssen halt mit der vorgeschriebenen Ration
auskommen... Wir sollten diese Paketscheine kostenpflichtig unter folgender
Telefonnummer selbst bestellen......
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Also nur, damit nun niemand jetzt auf falsche Gedanken kommt: ich rede
hier von den popeligen Paketscheinen, die man gratis zu Hauf in jeder Postfiliale
am Schalter nehmen kann!
Ich reagierte darauf natürlich gleich mit 180 Sachen, krallte mir
den Zettel mit der Telefonnummer und rief dort ziemlich aufgewühlt,
aber dennoch beherrscht an. Unter dieser Nummer wurde mir mitgeteilt, daß
ich falsch sei. Aber man gab mir eine andere Nummer. Dort wollte man erst
einmal meine fünfstellige Kundennummer wissen, die ich natürlich
nicht hatte - also erklärte ich nochmal was ich wollte, für den
Fall, daß man mich einfach nur mißverstanden hätte. Eine
sehr kompetente Frauenstimme, gefestigt vom Leben und stark gegen jede Art
von Gefühlsregung, jeden Satz beginnend mit "Ich verstehe ihren Unmut
sehr gut, Frau L...", erklärte mir, daß ich nicht berechtigt sei,
diese Paketscheine zu ordern, dies können nur spezielle Kunden, oder
meine zuständige Postfiliale.
Ich merkte, wie ich immer mehr gegen Windmühlen kämpfte, und
es blieben mir eigentlich nur noch zwei Möglichkeiten: entweder laut
blöde "&§§§%" reinzuschimpfen und einzuhängen,
oder "Dann geben sie mir bitte jetzt einen akzeptablen Vorschlag, wie ich
weiter meinen Geschäften bezüglich Versand per Post nachgehen kann,
ohne Geschäftsentgang zu erleiden und die Post verklagen zu müssen!"
zu sagen.
Ihr Lösungsvorschlag war: "Ich verstehe ihren berechtigten Unmut
sehr gut, Frau L., aber ich schätze mal, Sie werden sich an unser
Servicetelefon wenden müssen."
Bereits diese erfolglosen Telefonate kosteten mich schon 35 Minuten meiner
wirklich knappen Arbeitszeit und stark innerlich brodelnd wählte ich
also diese dritte Nummer....
"Hier ist das Servicetelefon der Deutschen Post, wenn Sie.. wollen, dann
drücken Sie die Nummer 1, wenn Sie .... wollen, dann drücken Sie
die Nummer 2...."
Mehr wollte ich eigentlich nicht mehr hören, und legte den Hörer
so auf, daß ich mich heute noch wundere, daß das Telefon
überhaupt noch benutzbar ist. Ich holte mir, bereits
überschäumend vor Wut, das Telefonbuch und rief die Postfiliale
an. Nach etwa 30x Läuten (ich verbiss mich bereits in der Schreibtischkante)
wurde abgehoben und ein zartes Frauenstimmchen, etwas wackelig und unsicher,
meldete sich. Ich nahm an, eine Praktikantin, Aushilfe oder Azubin am anderen
Ende zu haben und verlangte, meinen letzten Rest Fassung bewahrend, den
Geschäftsführer oder Filialleiter. "Ja, äh, da sind sie bei
mir schon richtig", vermeldete das zarte Stimmchen am anderen Ende. Innerlich
auf Kampf eingestellt, verspürte ich sowas wie Siegesbewußtsein
- dieses Frauchen würde ich locker in der Pfeife rauchen....
Ich schilderte also erneut das Problem und fügte noch hinzu, was
mein Azubi erzählte - von wegen Rationierung und so... ihre Antwort
(unveränderter Originalwortlaut): "Nein, so ist es natürlich nicht,
Fakt ist, daß wir die Paketscheine längst bestellt haben, aber
das Paket scheint (UND JETZT KOMMTS!!!!!!!) auf dem Postweg verloren gegangen
zu sein. Wir wollten uns eh schon von der benachbarten Postfiliale welche
leihen, aber die wollen uns keine geben, weil wir angeblich auch immer so
böse sind und denen nichts leihen."
Ich kämpfte inzwischen mit den Tränen... aber vor lauter
unterdrücktem Lachen... und versuchte gefaßt zu antworten: "Was
schlagen sie mir also vor, damit ich keinen Geschäftsentgang habe?"
Kurzes Schweigen am anderen Ende der Leitung... fast meinte ich , das
Rattern der Schrauben im Gehirn zu vernehmen... dann meinte sie mit total
fröhlicher Stimme (glücklich darüber, eine Lösung gefunden
zu haben):
"Der Kollege soll doch einfach hierher kommen und sich einen Stapel
Paketscheine mitnehmen...."
Weiter kam sie nicht, denn ich bellte heiser in den Hörer: "WAS MEINEN
SIE WARUM ICH SIE JETZT ANGERUFEN HABE????? LAUT IHRER KOLLEGEN GIBT ES JA
KEINE MEHR IN IHREM GANZEN VERKACKTEN POSTAMT!!!!!!"
Sie stutze leicht und meinte dann: "Also ich sehe mich gerade hier um,
an einigen Schaltern liegen noch welche.... "
Ich: "Wollen sie mich jetzt verarschen?"
Wahrscheinlich hörte sie das Geräusch, das die Schrotflinte
beim Durchladen machte und warf sofort ein: "Wissen sie was? Sie geben mir
jetzt einfach ihre Adresse und ich schicke ihnen einen Stapel!"
Solche Erlebnise lassen mich beruhigt meine Briefe per Email versenden
- so kommen sie mit Sicherheit auch wirklich an!
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