Freitag, 13. Dezember 2013

Wie es wirklich war

(diese Satire habe ich zwar schon vor 10 Jahren geschrieben, aber grade so vor Weihnachten ist sie wieder aktuell ;)  )



Wie es wirklich war


Nazareth, 4. Januar

Liebes Tagebuch

Heute haben mir meine Eltern gesagt, dass ich den Zimmermann Josef heiraten soll... menno, ich komm zu der Hochzeit wie die Jungfrau zum Kind, was soll ich mit dem alten Sack. Ausserdem will er unbedingt Hochzeitsreise nach Bethlehem machen, er meint, es sei das worauf das Volk zählt. Ein absolutes Muß... ich kann es mir ja herzlichst vorstellen: Wein aus Eimern und laute Musik, aber für junge Leute wie mich wahrscheinlich nichts los. Naja, mal sehen, ich kann eh nichts dagegen tun.

Nazareth, 5. Februar

Heute war Verlobung, er ist eigentlich ganz nett, aber ich denke immer noch, dass er zu alt ist für mich. In einem Monat werde ich Frau Christus, hmm... ich kann mich immer noch nicht daran gewöhnen.

Nazareth, 3. Mai

Liebes Tagebuch

Entschuldige, dass ich so lange nichts geschrieben habe, aber als Ehefrau hab ich irgendwie kaum Zeit dafür. Josef und ich kommen gut miteinander aus, er ist eigentlich doch viel netter als ich dachte. Ich mach mir nur Sorgen, weil meine Tage ausbleiben. Jesses... sollte ich vielleicht schwanger sein????? Hochzeitsreise haben wir verschoben, da Joesy zuviel Arbeit hat zur Zeit. Wahrscheinlich verschieben wir sie auf Dezember.

Nazareth, 27. Juli

Jetzt hab ich aber viel nachzuholen. Wir haben neue Freunde aus dem Orient kennen gelernt. Sie albern ständig rum und meinen, sie wären die Kings schlechthin. Dennoch sind sie ganz lustig, allerdings glaube ich,  sie trinken zuviel Myrrhe und inhalieren zu oft Weihrauch..... und das viele Gold mit dem sie sich behängen... Männer!

PS: Ich bin im 4. Monat

Nazareth, 30. November

Josef ist echt krass drauf, er besteht auf unsere Hochzeitsreise, obwohl ich ihm mehrmals versucht habe klarzumachen, dass ich hochschwanger bin und unser Kind dann wohl im Urlaub zur Welt kommen wird. Aber er ist so euphorisch, vor allem weil unsere Freunde Balti, Melchi und dieser Kasper (dessen Namen ich mir eh nie merke) mitfahren wollen. Er hat da so ein Einsterne Hotel ausgemacht wo es auch einen prima Schuppen zum Abtanzen gibt. Na toll, und ich?!

Bethlehem, 30. Dezember

Na super, so wie ich es mir gedacht habe: Unser Sohn erblickte genau hier in Bethelbeach das Licht der Welt. Während die Männer wieder mal mit Myrrhe und Weihrauch feierten im Schuppen, hatte ich meine ersten Wehen und irgend so ein Typ starrte mich die ganze Zeit an, so ein Esel, anstatt Hilfe zu holen. Die blöde Kuh von Kellnerin stand auch nur rum.
Aber jetzt ist er da, der kleine Yoshua und lächelt vor sich hin und strahlt, dass die Engel jubilieren würden.
Übrigens wird ich nie nie wieder in einem Einsterne Hotel übernachten.... da ist es ja bei uns zu Hause im Stall komfortabler! Morgen ist Silvester und mein Männeken und die Kumpels werden mich wohl wieder alleine lassen.

Nazareth, 15. März

Liebes Tagebuch

Als Mutter komm ich wahrlich nicht zum Schreiben, Yoshi ist nun 5 Jahre und ich liebe ihn über alles, aber ich glaube, er hat ein kleines Problem, er ist immer am Fragen und Lernen. Eigentlich ist er ja noch viel zu klein dazu, dennoch holt er ständig unsere Schriftrollen aus dem Regal und will lesen lernen.

Nazareth, 20. Februar

Heute hab ich am Dachboden herumgestöbert und Dich, liebes Tagebuch wieder gefunden. Viele Jahre sind vergangen,  mein lieber Mann ist leider vor einiger Zeit gestorben, er fehlt mir sehr. Yoshua macht mir ein wenig Sorgen, weil er doch sehr sonderbar ist. Er geht jede freie Minute angeln und wir wissen nicht mehr wohin mit den vielen Fischen, außerdem hat er das Brotbacken gelernt und ehrlich, soviel können wir gar nicht zum Abendessen verdrücken, wie er bäckt, aber er verteilt es unter den armen Leuten... was ja ganz ok ist. Allerdings dass er ständig den Wein mit Wasser streckt, ich glaub da wird er noch Probleme bekommen wenn die Leute das raus bekommen und das sieht doch ein Blinder dass der Wein gestreckt ist. Ausserdem schmeckt er so beschissen, dass es Tote zum Leben erweckt.

Nazareth, 30. November

Also mein ältester Sohn macht mir richtig Kummer, anstatt das Handwerk seines Vaters richtig zu lernen,  hängt er nur mit seinen Kumpels rum und schwingt große Reden. Ich wäre glücklich wenn er endlich heiraten würde.

Nazareth, 14. Januar,

Okay, ich weiß jetzt, dass er nicht schwul ist, obwohl er ständig mit Typen rummacht. Er hat eine Frau kennen gelernt, ich weiß nur nicht, ob ich so glücklich sein soll über seine Bekanntschaft. Sie ist wohl eher ein leichtes Mädchen und scheinbar hatte sie schon einen Mann vor ihm. Hören denn die Sorgen nie auf?


Nazareth, 24. Februar

Um Himmels Willen, mein Sohn ist ein Rowdy!!!! Ich wußte ja, daß die Typen mit denen er sich immer trifft, nichts für ihn sind. Nun hat er im Tempel randaliert und die römische und die israelische Polizei ist ihm auf den Fersen.

Jerusalem, 12. April

Bin hier in einem Hotel in der Hauptstadt. Es ist soweit, mein Sohn sitzt im Gefängnis. Bei einem nächtlichen Gelage ist er gefaßt worden. Einer seiner – ach so dicken -  Kumpels hat ihn verraten. Und sein bester Freund leugnet sogar, dass er ihn überhaupt kennt. Ich wußte ja schon immer, sein schlechter Umgang wird ihn noch mal zu Fall bringen.  Heute war ich ihn besuchen, er sagt es sei ein Kreuz mit den Römern.
Ich bekomme ihn da raus, er wird wieder aufstehen aus dem Dreck und dann ist alles gut.


Hier enden die Aufzeichnungen der Frau Maria Christus.








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