Montag, 16. September 2013

Alltag

alltag

unsympathisch der wecker klingt
ätzend und hoch, die sängerin singt
raus aus dem bett
räkeln wär' nett
jedoch kaum noch munter
tapp' ich die treppe runter

erstmal ins bad begebe ich mich
den blick in den spiegel vermeide ich
in der küche stehe ich dann
und überlege was ich bereiten kann

blubbernd ergiesst sich der kaffee in die tasse
„buh“, ruft's hinter mir, na klasse....
die jüngste ist fröhlich und munter
grantig kommt die ältere runter

das schlusslicht irgendwann
macht wie immer mein mann
sind nun alle versorgt
scheint der vormittag nur geborgt

schnell an die nadeln gemacht
wozu eigentlich – hab ich mir oft gedacht
jedoch, die hoffnung stirbt nie
geld muss rein – irgendwie

zwischendurch ein blick ins netz
jesses, was soll denn das jetz'
soviel blödsinn heut' wieder
manchmal ist mir soviel mensch einfach zuwider

hier eine suchmeldung geteilt
egal ob die gute eh schon längst zu hause verweilt
dort ein süsses glitzerndes katzenbild
sowas macht mich gleich morgens ganz wild

ah, eine warnung vor bilderdieben
lest doch erstmal die agb, ihr lieben
die woche der gesundheit dauert auch schon mindest' drei jahr'
ach, wie schön die zeit doch ohne internet war

was? die zeit ist schon wieder rum?
mag es kaum glauben, doch sei's drum
muss los zum kindergarten
dort wird meine kleine schon warten

unterwegs sammeln wir noch die ältere ein
die sieht schon wieder sehr frustriert drein
die liebe so wie sie es will
hät einfach nicht still

ausserdem und sowieso
ist eh alles für's klo
ein teenager schon im herzen
mit all den einhergehenden schmerzen

schnell die stulle für mittags gemacht
ein bisschen über dies und jenes gelacht
die ältere macht sich über die hausaufgaben
während die kleine und ich uns am fernseher laben

der nachmittag ist voller kindergeschrei
die nachbarskinder kommen vorbei
gibt mir zeit für weitere nadelarbeit
eine einkommende sms sorgt für heiterkeit

autokorrektur macht selbst verspätungsnachrichten schmissig
ach herrje, meine hände sind rissig
bevor ich creme auftrage
kommt noch die abendmahlfrage

den herd angeworfen
die nachbarskinder rausgeworfen
leckeres essen
schnell gegessen

die kinder ins bett
jetzt wird’s nett
aber schnarch und säg'
mein mann ist müd und weg

computer an und bierchen auf
dann mach ich halt allein einen drauf
schnell vor der tür eine zigarette
jetzt tratschen sie im dorf... jede wette

das bier war aber schnell leer
da muss gleich ein neues her
meine gedanken in gedichtform geklopft
damit er leer wird, der schwere kopf

das gemüt wird immer schwerer
die kopf trotz schreiberei nicht leerer
wo sind sie eigentlich hin die guten leute
das web ist so schrecklich öde heute

so geht es tag ein tag aus
manchmal möchte ich einfach nur raus
doch wohin soll ich gehen
weit und breit nichts zu sehen

leere strassen
dunkle gassen
kein leben
kein streben

hab's so gewollt!
hab's SO gewollt?
und morgen fällt wieder
der weckruf auf mich nieder

das programm wie immer
nur das kopfweh ist schlimmer
jeder tag ein einheitsbrei
schöne kinderplapperei

der kopf jedoch rotiert
bedürfnisse – unnotiert
das leben so schnell verrinnt
und das alter beginnt

mit erinnerungen an das leben und die stadt
begeb ich mich ins bett, ganz matt
morgen – versprech ich mir – wird’s besser sein
und so schlaf ich doch noch selig ein.





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